Aromaten als organische Stoffklasse

Die sog. Stoffklasse der Aromaten ist in der organischen Chemie aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften eine Stoffklasse für sich. Der Begriff “Aromat” bzw. “aromatische Verbindung” lässt sich darauf zurückführen, dass die ersten bekannten Vertreter der Aromaten einen charakteristischen Geruch hatten (meist einen angenehmen). Das Benzol-Molekül hat sich im Laufe der Zeit als klassischer Vertreter dieser Stoffklasse entwickelt, anhand diesem nun die Stoffklasse der “Aromaten” erläutert werden soll.

Die Stoffklasse der Aromaten

Organische Verbindungen, die die charakteristischen Eigenschaften von Benzol aufweisen, werden als Aromaten bezeichnet. In der chemischen Fachsprache werden Verbindungen dieses Typs als Arene bezeichnet. Historisch lässt sich der Begriff darauf zurückführen, dass es sich bei den ersten bekannten Vertretern der Aromaten tatsächlich um (angenehm) aromatische Verbindungen handelt. Bei Aromaten wird unterschieden zwischen monocyclischen und polycyclischen aromatischen Verbindungen.

Kriterien für das Vorliegen einer aromatischen Verbindung (monocyclische Verbindungen)

Arene bzw. Aromaten müssen folgende Eigenschaften erfüllen (sind diese Anforderungen nicht erfüllt, so handelt es sich um nicht aromatische cyclische Kohlenstoffverbindungen und werden als Antiaromat bzw Aliphat bezeichnet)

  • Das Molekül ist cyclisch planar und besitzt konjugierte Doppelbindungen.
  • Das Molekül ist resonanzstabilisiert.
  • Das Molekül besitzt (4n + 2) Pi-Elektronen und entspricht somit der Hückel-Regel.
  • An einem Aromaten finden vorzugsweise Substitutionsreaktionen und nicht Additionsreaktion statt.

Entwicklung der Chemie der Aromaten

Relativ früh (bevor es Strukturanalysen gab) bemerkte man, dass es sich bei der Stoffklasse der Aromaten um eine ganz besondere Verbindungsklasse handelt. Abgeleitet wird die Chemie der Aromaten vom Benzol (bzw. modern: Benzen). So werden alle organischen Verbindungen, die Benzol-analoges Verhalten zeigen als aromatisch bezeichnet. Aus diesem Grund soll hier kurz auf die Verbindung Benzol (Benzen) eingegangen werden.

Bereits vor der Entdeckung der Röntgenbeugung zur Strukturanalyse konnte man die Summenformel von Benzol bestimmen (C6H6). Viele verschiedene Strukturen von Benzol wurden daraufhin entwickelt, allen Strukturen war gleich, dass sie mehrfach ungesättigt waren (d.h. mit Doppelbindungscharakter). Hier ist gleich die erste Besonderheit der Aromaten. Ungesättigte Kohlenwasserstoffe reagieren im Dunkeln mit Brom in einer charakteristischen Additionsreaktion, wohin gegen Benzol im Dunkeln nicht mit Brom reagiert. Benzol kann also keine Doppelbindungen analog Alkenen besitzen.

Viel könnte man nun über Bindungstheorien und Stabilität von Verbindungen aufzählen, was aber zu weit führen würden. Mit Hilfe der Röntgenstrukturanalyse gelang es im 20. Jhd. die Struktur von Benzol zu bestimmen. Es handelt sich um ein planares Sechseck (mit sechs Kohlenstoffatomen), wobei der Abstand zwischen den Kohlenstoffen 139 ppm beträgt. Die C-C-Bindung Im Benzol liegt mit einer Länger von 139 pm genau zwischen der C-C-Einfachbindung mit 154 pm und der C-C-Doppelbindung mit 133 pm was sich aufgrund der sog. Mesomerie erklären lässt. (Anmerkung: die folgende Erklärung ist auf dem Niveau SEK II und nicht Hochschulniveau).

Die “Doppelbindungen” im Benzolmolekül lassen sich “verschieben”, es sind theoretisch zwei Grenzformeln möglich. Die Wahrscheinlichkeit liegt bei mesomeren Grenzformeln dazwischen. Berechnet man nun die Bindigkeit, kommt man auf die Bindungsordnung 1,5. Dies ist auch die Erklärung, warum keine Addition an die “Doppelbindung” möglich ist, wie bei Alkenen.

Mesonerie beim Benzol
Aus diesem Grund wird bei monocyclischen Aromaten deshalb ein Kreis anstelle der Doppelbindungen gezeichnet (um das Bindungssystem dem wirklichen Zustand anzunähern). Nicht nur die Bindungsordnung > 1 erklärt, warum der Benzolring planar ist, sondern auch die Angabe, dass alle Kohlenstoffe sp²-hybridisiert sind (ohne nun groß auf Geometrie einzugehen, gilt hier ein Bindungswinkel von 120° und die Struktur ist planar => siehe EPA-Modell).

Die 6 p -Elektronen (= 3 Doppelbindungen) sind im Benzolmolekül über den ganzen Sechsring delokalisiert. Durch diese Wechselwirkung erklärt sich die sog. Resonanzstabilisierung beim Benzol gg. dem Cyclohexatrien. Vergleicht man die “Bindungsenergie” von Benzol mit der von Cyclohexatrien, so ist die “Bindungsenergie” um 151 kJ/mol niedriger (aufgrund der größeren Wechselwirkung), wodurch sich die höhere Stabilität von Benzol erklären lässt. 

Nun können diese Eigenschaften auf alle “Aromaten” übertragen werden. Die wichtigsten Prüfkriterien sind die sog.  Hückel-Regel, die besagt, dass ein aromatischer Zustand dann vorliegt, wenn (4n + 2) p -Elektronen im Molekül vorliegen mit. Zeichnet man eine Grenzstruktur dieser Verbindung, so müssen im (ringförmigen) Molekül konjugierte Doppelbindungen vorliegen (Einfachbindung-Doppelbindung-Einfachbindung ….). Ist man sich nicht sicher, dann kann man die Verbindung im Dunkeln mit Brom reagieren lassen.

Eigenschaften von Aromaten:
Aufgrund des oben erläuterten “Bindungssystem” in Aromaten, haben diese ganz spezielle physikalische und chemische Eigenschaften, wobei sie sich in chemischen und physikalischen Eigenschaften von den übrigen organischen Verbindungen unterscheiden:

  • Trotz einem ungesättigten Charakter (Mehrfachbindungscharakter) sind Aromaten relativ stabil gegenüber Additionsreaktionen. Benzol und andere Aromaten verhält sich eher wie ein gesättigter Kohlenwasserstoff, es kommt in der Regel zu einer Substitutionsreaktion. Im Vergleich zu Benzol-Derivaten sind polycyclische Aromaten reaktiver und könnten teilweise zu Additionsreaktionen neigen.
  • Der Begriff Aromat verleitet auf ein besonderes Aroma dieser Stoffe zu schließen, was aber nicht immer korrekt ist.
  • Aufgrund der geringen Polarität von Aromaten sind diese in Fetten oder Wachse gut löslich und kaum wasserlöslich.


Nomenklatur von Aromaten:
Bei der Nomenklatur wird unterschieden zwischen monocyclischen und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen.

Nomenklatur von monocyclischen Aromaten:
Bei der Benennung von monosubstituierten Benzol-Derivaten setzt man einfach den Namen des Substituenten (als Präfix) vor den Namen des Stammnamens -Benzol (bzw. richtiger -Benzen). Inzwischen sind auch hier Trivialnamen weit verbreitet. Handelt es sich um ein Hydroxybenzol oder ein Aminobenzol wird in der Regel der Trivialname Phenol bzw. Anilin verwendet. Werden diese Substanzen mit einem weiteren Substituenten versehen, so wird der Name des Substituenten als Präfix an den Stammnamen Phenol bzw. Anilin hinzugefügt.

Weist ein Benzol-Derivat zwei Substituenten auf, so wird die Stellung durch eine “besondere” Nomenklatur wiedergegeben. Je nach Position der Substituenten werden verschiedene Präfixe verwendet, die dem Namen der Verbindung vorangestellt werden. Sind die Substituenten in 1,2-Position wird dies als ortho (o) bezeichnet, bei 1,3-Stellung als meta (m) und bei 1,4-Stellung als para (p). Liegen mehrere Substituenten vor, wird bei der Nomenklatur (ähnlich bei Alkanen) die Substituenten (vor dem Stammnamen) in alphabetischer Reihenfolge angegeben.

Nomenklatur bei polycyclischen Aromaten:
Bei polycyclischen Aromaten, die aus mehreren Ringen aufgebaut sind, werden diese anhand der “Verknüpfung” der Ringe in zwei Klassen unterteilt. Sind die einzelnen Ketten linear angeordnet, spricht man von orthoanellierten Verbindungen, sind die Ringe nicht linear sondern gewinkelt angeordnet, so spricht man von perianellierten Verbindungen.
Bei der Nomenklatur greift man auf ein paar Grundtypen als Grundlage zurück. Ausgehend von diesen Grundkörpern baut man weitere PAK auf. Fügt man einem solchen Grundgerüst einen zusätzlichen Ring hinzu (einen sog. aromatischen Annellanden), wird dieser als Präfix “Areno(x) dem entsprechenden Trivialnamen vorangestellt (x bezeichnet den Ort der Annellierung, z.B. Benzo[a]pyren (siehe Kapitel “Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe” in Bereich allgemeine organische Chemie auf Lernort-mint.de)

Positionsangaben von C-Atomen im aromatischen Ring:

  • Bei monocyclischen Aromaten bekommt das Ring-C-Atom, an dem sich die Seitenkette bzw. funktionelle Gruppe mit der höchsten Priorität befindet, die Position 1. Handelt es sich um ein mehrfach substituiertes Benzol-Derivat, so erfolgt die absolute Positionsbestimmung nach den IUPAC-Regeln durch Angabe der kleinstmöglichen Positionsnummern (z.B. 1,2-Dichlorbenzol und nicht 1,6-Dichlorbenzol).
  • Bei polycyclischen Aromaten ist die Angabe von Positionen etwas komplizierter. Da hier fast ausschließlich Trivialnamen verwendet werden, wird in diesem Kapitel nicht weiter darauf eingegangen. 


Reaktionen von Aromaten:

  • Reduktion mit Wasserstoff:  In monocyclischen und polycyclischen Aromaten (nur aus C- und H-Atomen) lassen sich die aromatischen Ringe durch katalytische Hydrierung zu (teilweisen) Cycloalkanen reduzieren.
  • Elektrophile aromatische Substitution: An allen Aromaten lassen sich elektrophile aromatische Substitutionsreaktionen durchführen (z.B. Bromieren oder Nitrieren). 
  • Zweitsubstitution an Aromaten: An polycyclischen wie monocyclischen Aromaten ist auch eine Zweitsubstitution möglich. Die Orientierung des Substituenten bei der Zweitsubstitution erfolgt analog den Regeln bei der Zweitsubstitution bei Benzolderivaten. 
  • Durch katalytische Luftoxidation bei hoher Temperatur lassen sich aus einigen PAKs (z.B. Naphtalin) Chinone herstellen

Aromaten als organische Stoffklasse – Testfragen/-aufgaben

1. Was sind Aromaten in der organischen Chemie?

Aromaten sind eine Klasse von organischen Verbindungen, die mindestens einen aromatischen Ring enthalten, der sich durch besonders stabile π-Elektronensysteme auszeichnet.

2. Nennen Sie ein typisches Beispiel für einen Aromaten.

Ein typisches Beispiel für einen Aromaten ist der Benzen, der als Sechsring mit drei Doppelbindungen auftritt.

3. Was ist die Hückel’sche Regel und welche Rolle spielt sie bei Aromaten?

Die Hückel’sche Regel besagt, dass ein Ringmolekül aromatisch ist, wenn es eine Anzahl von 4n+2 π-Elektronen hat. Sie ist ein wichtiges Kriterium zur Bestimmung von Aromaten.

4. Gibt es auch polyzyklische Aromaten und wenn ja, welches sind Beispiele dafür?

Ja, es gibt auch polyzyklische Aromaten, das sind Verbindungen mit mehreren aromatischen Ringen. Beispiele sind Naphthalin und Anthracen.

5. Wie unterscheidet sich die Struktur von Aromaten von Aliphaten?

Im Gegensatz zu Aliphaten, die offenkettig oder cyclisch und gesättigt oder ungesättigt sein können, besitzen Aromaten mindestens einen planaren, cyclischen und konjugierten Kohlenstoffring.

6. Was sind Heteroaromaten?

Heteroaromaten sind Aromaten, bei denen ein oder mehrere Kohlenstoffatome im Ring durch ein anderes Element ersetzt sind, häufig Stickstoff, Schwefel oder Sauerstoff.

7. Was versteht man unter der Aromatizität eines Moleküls?

Die Aromatizität beschreibt die erhöhte Stabilität eines Moleküls durch ein delokalisiertes π-Elektronensystem in einem cyclischen, planaren Molekül.

8. Welche Eigenschaften zeichnen Aromaten aus?

Aromaten sind besonders stabil, reaktionsarm und zeigen eine hohe Elektronendichte durch ihre delokalisierten π-Elektronen.

9. Was sind Fused Aromatics?

Fused Aromatics sind Aromaten, bei denen zwei oder mehr Benzolringe eine gemeinsame Bindung haben. Beispiele hierfür sind Naphthalin und Anthracen.

10. Wie sind Aromaten in der Natur und im Alltag zu finden?

Aromaten sind häufig in naturbelassenen Produkten wie Erdöl oder Kohle zu finden und werden im Alltag häufig als Lösungsmittel, Brennstoffe oder als Ausgangsstoffe für Pharmazeutika und Kunststoffe genutzt.

Autor: , Letzte Aktualisierung: 27. Juli 2023