Farbigkeit von Anorganischen Farbstoffen

In einem vorherigen Kapitel wurde die Farbtheorie von Witt vorgestellt. Mit Hilfe der Farbtheorie nach Witt können Farbstoffe in funktionale Einheiten aufgeteilt werden. Nach dieser Theorie weisen Farbstoffe folgende Kriteria auf:

  • Konjugiertes Pi-Elektronensystem
  • Substitutionsffekte durch Vorhandensein von Auxochromen

Viele Leser dieses Kapitels sind bereits mit den Grundlagen der Anorganischen Chemie vertraut und wissen, dass Anorganische Stoffe (auch farbige Stoffe) kein konjugiertes Doppelbindungssystem aufweisen. Daher muss die Farbtheorie von Witt auch zukünftig auf reine organische Farbstoffe begrenzt werden. Wie wir in weiteren Kapitel kennenlernen werden, ist die funktionelle Struktur eines Anorganischen Farbstoffes und eines Organischen Farbstoffes unterschiedlich. Die Farbigkeit bei Anorganischen Farbstoffen beruht auf dem sogenannten Charge-Transfer (dem Elektronentransfer zwischen einem Element, dass in zwei verschiedenen Oxidationsstufen in einer Verbindung vorliegt), dem sogenannten Ligandenfeld (durch Wechselwirkungseffekte mit dem Liganden = Koordination), sowie einer stark polarisierten Bindung (dies kann auch zu einem Charge Transfer führen)

Farbigkeit von Anorganischen Farbstoffen- Verursacht durch Charge-Transfer-Effekte

Betrachten wir einige bekannte Anorganische Farbstoffe wie KFe[Fe(CN)6] (intensive Blaufärbung) oder Pb2[PbO4] (intensive Orangefärbung), so fällt auf, dass bei diesen Verbindungen das jeweilige Übergangsmetall in verschiedenen Oxidationsstufen vorhanden ist. Ist in einer Verbindung ein Übergangsmetall in mehreren Oxidationsstufen vorhanden, so scheint diese strukturelle Eigenschaft die Farbigkeit eines Stoffes zu fördern.

Verbindungen mit einem Element mit mehreren Oxidationsstufen in einer Verbindung

Vergleichen wir z.B: die Salze KFe[Fe(CN)6] (intensive Blaufärbung) und K2Fe[Fe(CN)6] (keine Färbung), so bestätigt uns dies die Vermutung, dass für eine Farbigkeit das Element in verschiedenen Oxidationsstufen enthalten sein muss. Beide Verbindungen enthalten das gleiche Anion [Fe(CN)6] 4- (entspricht also Fe(II)), die eine Verbindung K2Fe[Fe(CN)6] enthält ein Fe2+ als Kation, die KFe[Fe(CN)6] andere ein Fe3+ als Kation. Beide Verbindungen sind Salze und von ihrem Kristallgitter auch ähnlich aufgebaut.

Der einzige Unterschied ist, dass im KFe[Fe(CN)6] in unmittelbarer Nähe zueinander ein Fe3+ und ein Fe2+ befinden. Da beide Ionen Wechselwirkungen in alle Richtungen “ausbreiten” und kein Eisenion gegenüber dem anderen “bevorzugt” wird, kann ein Elektron über die CN-Brücke von einem Eisenion zum anderen übertragen werden. Wie vielleicht aus der Biologie (Photosynthese) oder ähnlichen biochemischen Prozessen bekannt, wird für eine “Elektronenübertragung” immer Energie benötigt. Beim KFe[Fe(CN)6] ist die dafür benötigte Energie im Bereich des sichtbaren Lichts (gelber Spektralbereich). Dieser Wellenlängenbereich des sichtbaren Lichts wird während dem Ladungsübergang (= als charge Transfer bezeichnet) absorbiert und der “Rest” reflektiert”. Diese restlichen Wellenlängen werden von unseren Sinnesorganen wahrgenommen und zu einer Farbe addiert (nämlich blau). Daher erscheint und die Verbindung KFe[Fe(CN)6]

Weitere Verbindungen, bei denen ein Charge-Transfer (bevorzugt) vorliegt, ist das Pb2[PbO4], hier liegt Blei in den Oxidationsstufen (+II) un (+IV) vor. Wichtig ist zu erwähnen, dass ein Ladungsausgleich (ein Charge Transfer) immer von dem Element mit der niedrigeren Oxidationsstufe zum Element mit der höheren Oxidationsstufe verläuft.

Einige werden nun einwenden, dass es Anorganische Farbstoffe gibt, die zwar ein Übergangsmetall aufweisen, aber dieses Übergangsmetall nur in einer Oxidationsstufe in der Verbindung vorkommt, dies sind bevorzugt sulfidische Verbindungen.

Verbindungen mit einer stark polarisierten Bindung

Warum können nun einige sulfidische Verbindungen gefärbt sein?

Hauptsächlich beruht dies ebenfalls wieder auf einem Charge-Transfer-Effekt. Liegt eine Wechselwirkung zwischen zwei Elementen mit großer Elektronegativitätsdifferenz vor, kommt es zu einer Polarisierung der Bindung. Liegt beispielsweise eine stark polarisierte Atombindung vor, so wird die Elektronendichte zwischen beiden Bindungspartnern bevorzugt in der Nähe des elektronegativeren Bindungspartners sein. Die Elektronen(dicht) ist also nicht gleichmäßig zwischen beiden Bindungspartnern verteilt. Dies kann (wie bei der Ionenbindung) sogar soweit führen, dass die “Bindungselektronen” nur noch bei einem Bindungspartner zu finden sind, es bildet sich ein Anion und Kation aus.

Vor allem kleine Kationen (hohe positive Ladung und kleiner Ionenradius) sind in der Lage (neben ihrer Coulombwechselwirkung mit dem Anion) die Elektronenwolke großer Anionen (Sulfide und teilweise Oxide) zu deformieren. Je kleiner das Kation ist und “höher” geladen ist, umso stärker kann es mit der Elektronenwolke in Wechselwirkung treten und deformieren. Für das Anion gilt, je weiter weg die Außenelektronen vom positiv geladenen Atomkern sind, umso leichter können sie vom Kation angezogen werden und die Elektronenwolke deformiert werden. Dies kann sogar soweit führen, dass keine reine ionische Bindung mehr vorliegt, sondern eine kovalente (stark polare) Bindung vorliegt. In diesem Fall wird Elektronendichte übertragen, es kommt auch hier zu einem Ladungsausgleich (dem sogenannten Charge Transfer). Ist die für den Charge-Transfer benötigte Energie vorhanden (beispielsweise Lichtenergie) kommt es zu dem Charge Transfer vom Anion zum Kation.

Hinweis:

Diese Erklärung lässt sich bei einigen Verbindungen nicht anwenden oder erscheint auf den ersten Blick logisch. Dies liegt daran, dass die Deformation der Elektronenwolke des Anions sich auch auf die Elektronenwolke des Kations auswirkt. Somit könnte das Anion (vergleichbar einem Liganden) wie bei Koordinationsverbindungen die Farbigkeit beeinflussen (Bildung eines Ligandenfelds => Ligandenfeldtheorie)


Farbigkeit von Anorganischen Farbstoffen – Testfragen/-aufgaben

1. Was sind anorganische Farbstoffe und was unterscheidet sie von organischen Farbstoffen?

Die anorganischen Farbstoffe sind aus Mineralien oder anderen anorganischen Materialien hergestellt. Sie unterscheiden sich von organischen Farbstoffen durch ihre chemische Zusammensetzung. Während organische Farbstoffe auf Kohlenstoff basieren, basieren anorganische Farbstoffe nicht auf Kohlenstoff.

2. Wie entsteht die Farbigkeit bei anorganischen Farbstoffen?

Die Farbigkeit bei anorganischen Farbstoffen entsteht durch die Wechselwirkung von Licht mit der elektronischen Struktur des Farbstoffs. Die Farbe variiert je nachdem, welche Wellenlängen des Lichts absorbiert oder reflektiert werden.

3. Welche sind die am häufigsten verwendeten anorganischen Farbstoffe in der Industrie?

Einige der häufigsten anorganischen Farbstoffe in der Industrie sind Titanweiß, Chromgrün, Zinnoberrot, und Ultramarinblau.

4. Was ist eine Hauptbeschränkung der Verwendung von anorganischen Farbstoffen im Vergleich zu organischen Farbstoffen?

Im Vergleich zu organischen Farbstoffen haben anorganische Farbstoffe oft eine weniger intensive Farbigkeit und sind weniger lichtbeständig.

5. Was ist die Rolle von Licht bei der Entstehung von Farben bei anorganischen Farbstoffen?

Licht spielt eine entscheidende Rolle bei der Farbigkeit von anorganischen Farbstoffen. Farben entstehen, wenn Licht in bestimmten Wellenlängen absorbiert wird und die restlichen Wellenlängen reflektiert werden.

6. Kann man die Farbigkeit eines anorganischen Farbstoffs verändern? Wenn ja, wie?

Ja, die Farbigkeit eines anorganischen Farbstoffs kann verändert werden, indem die Größe der Farbpartikel oder die Temperatur während des Herstellungsprozesses verändert wird.

7. Wie kann die Farbigkeit von anorganischen Farbstoffen in der Kunst genutzt werden?

Anorganische Farbstoffe können in der Kunst genutzt werden, um eine Vielzahl von Farben und Tönen zu erzeugen. Sie sind wertvoll für ihre Fähigkeit, lang anhaltende und leuchtende Farben zu erzeugen.

8. Was ist der Unterschied zwischen Mischtönen und Reintönen bei der Farbigkeit von anorganischen Farbstoffen?

Die Mischtöne entstehen durch die Kombination verschiedener anorganischer Farbstoffe, während die Reintöne die ursprüngliche Farbigkeit eines einzelnen anorganischen Farbstoffs darstellen.

9. Warum meiden einige Hersteller anorganische Farbstoffe?

Einige Hersteller meiden anorganische Farbstoffe, weil sie teurer in der Herstellung sein können und möglicherweise umweltschädlich sind.

10. Was sind einige Sicherheitsbedenken im Umgang mit anorganischen Farbstoffen?

Anorganische Farbstoffe können oft schwermetalle enthalten, wie zum Beispiel Blei oder Cadmium, die gesundheitsschädlich sein können.