Bestimmung der wichtigsten Größen in der chemischen Kinetik
Wie eingangs erwähnt, tritt eine chemische Reaktion nur ein, wenn die “richtigen” Reaktionspartner mit einer bestimmten “Intensität” zusammenstoßen. Für (fast) jede (exotherme) chemische Reaktion ist zudem die Zuführung von Aktivierungsenergie notwendig, damit die Reaktionspartner in einen “Übergangszustand” überführt werden, von dem aus die Reaktion selbstständig abläuft.
Jede Reaktion hat eine bestimmte Reaktionsgeschwindigkeit (mit der ein Stoff umgesetzt wird). Die Reaktionsgeschwindigkeit ist der Quotient aus der Konzentrationsänderung eines Stoffes (z.B. Edukt A) und dem Zeitabschnitt (Dauer der Konzentrationsänderung). Um eine Reaktionsgeschwindigkeit zu beschreiben, verwenden wir die Geschwindigkeitskonstante der Reaktion. Diese lässt sich auf “Papier” einfach berechnen – wie sieht die Bestimmung in einem Labor aus?
Im folgenden sehen wir uns eine Messmethode an, um die Geschwindigkeitskonstante beispielhaft zu bestimmen – Bestimmung der Geschwindigkeitskonstante der Inversion von Rohrzucker durch Messung des Drehwinkels:
Ein bekanntes Beispiel ist die sogenannte Inversion von Saccharose (“Rohrzucker”). Bei dieser Reaktion entsteht Glucose und Fructose. Allerdings läuft diese Reaktion nicht spontan ab, sondern muss durch einen Katalysator (=> Säure) katalysiert werden. Daher lautet die eigentliche “Aktivierungsreaktion”nicht
Diese Gleichgewichtsreaktion findet vor der eigentlichen “Inversionsreaktion” statt (Hinweis: Die Reaktion wird als Inversionsreaktion bezeichnet, da eine Mischung aus Glucose und Fructose auch als Invertzucker bezeichnet wird).
Stellen wir nun das Massenwirkungsgesetz auf, so lautet dies (zukünftig bezeichnen wir: Saccharose (S), Glucose (G), Proton (H) und Fructose (F)):
Dies war für die Reaktion Saccharose wird durch ein Proton in einen Übergangszustand überführt. Betrachten wir nun die eigentliche Reaktion, die folgendermaßen abläuft: SH+ + H2O => G + F + H+. Das entsprechende Massenwirkungsgesetz lautet:
(Erinnerung: Das MWG ist der Quotient aus dem Produkt der Endstoffe und dem Produkt der Ausgangsstoffe. Ist die Konzentration an Wasser hoch genug, z.B. als wässrige Lösung, kann diese als Konstante betrachtet werden, siehe hierzu auch die Kapitel in der Anorganischen Chemie)
Die Reaktionsgeschwindigkeit für die Bildung der Glucose lautet damit:
Nun haben wir uns durch “Grundwissen” der Anorganischen Chemie (=> Massenwirkungsgesetz) und der Physikalischen Chemie (=> Reaktionsgeschwindigkeit) die obige Gleichung aufgestellt. Viel weiter sind wir nun auch nicht, daher werden wir ein paar mathematische Tricks anwenden.
2. Die Protonen wirken katalytisch, daher ist die Konzentration während der Inversionsreaktion als konstant anzusehen.
Damit erhalten wir als Endergebnis:
Nun wollen wir die Gleichung noch integrieren:
Ergebnis:
Methoden gibt es viele, wir müssen nur eine finden, die entsprechend der Ausgangsverbindung passt. Da viele Zucker optisch aktiv sind (wie auch die Saccharose) bestimmen wir den Drehwinkel des Reaktionsgemisches.
Der Drehwinkel einer Verbindung hängt (bei einer bestimmten Temperatur und Wellenlänge des Lichtes) nur von der Länge des Lichtweges, der Konzentration und der spezifischen Drehung der Verbindung ab: α = b · c · d
Betrachten wir uns die einzelnen Verbindungen: Saccharose ist optisch rechtsdrehend, Glucose ist ebenfalls rechtsdrehend, während Fructose linksdrehend ist. Dadurch ändert sich während der Reaktion auch der Drehwinkel der optischen Drehung. Dies nutzen wir aus, um die Konzentration der Saccharose zu bestimmen:
Verwendete Kürzel:
b1 = spezifische Drehung von Saccharose
b2 = spezifische Drehung von Invertzucker (1:1 Gemisch aus Glucose und Fructose)
c0 = Ausgangskonzentration von Saccharose
c1 = Konzentration von Saccharose (zu einem beliebigen Zeitpunkt)
c2 = Konzentration an Invertzucker
Damit lautet die Formel für den Drehwinkel:
Die Konzentration der Saccharose und des Invertzuckers hängen über folgende Gleichung zusammen: c2 = c0 – c1
Damit lautet unsere Gleichung:
Nun nutzen wir wieder ein paar mathematische Tricks:
Berechnen wir nun die Änderung des Drehwerts gilt:
Konzentration Saccharose = c1 = [d · (b1 – b2)] : [α – α(u)]
Im folgenden sehen wir uns eine Messmethode an, um die Geschwindigkeitskonstante beispielhaft zu bestimmen – Bestimmung der Geschwindigkeitskonstante der Dehydratisation von Kohlensäure durch Leitfähigkeitsmessung:
Sowohl die Reaktion H2CO3 => CO2 und H2O als auch die Reaktion H2CO3 => H+ + HCO3– sind Reaktionen 1. Ordnung. Stellen wir hierfür wieder das Massenwirkungsgesetz auf und bestimmen wir die Gleichung für die Reaktionsgeschwindigkeit, erhalten wir -wie oben-
Keine der genannten Verbindungen weist einen optischen Drehwert auf, daher müssen wir eine andere Methode der Konzentrationsbestimmung finden. Kohlenstoffdioxid, Kohlensäure, reines Wasser sind nicht elektrisch leitfähig, im Gegensatz zum Hydrogencarbonat-Anion (und dem Proton). Daher können wir bei dieser Reaktion Konzentrationsänderungen über die Messung der Leitfähigkeit verfolgen.
Nun können wir wieder die (mathematischen) Tricks verwenden, die wir im Rahmen der Messung des optischen Drehwinkels verwendet hatten. Nach erfolgreicher “Umstellung” erhalten wir als Formel zur Berechnung der Geschwindigkeitskonstante der Reaktion:
Unter chemischer Kinetik versteht man den Teilbereich der physikalischen Chemie, der sich mit der Geschwindigkeit chemischer Reaktionen und den Einflüssen, die diese Geschwindigkeiten beeinflussen, beschäftigt.
Die Hauptparameter, die die Reaktionsgeschwindigkeit beeinflussen, sind Konzentration der Reaktanten, Temperatur, Katalysatoren und Phasenfläche.
Die Temperatur spielt eine wesentliche Rolle in der chemischen Kinetik, da sie die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion direkt beeinflusst. Eine Erhöhung der Temperatur führt in der Regel zu einer Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit.
Die Reaktionsordnung gibt an, wie sich die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion mit der Konzentration der Reaktanten verändert. Sie ist die Summe der Konzentrations-Exponenten in der Geschwindigkeitsgleichung.
Ein Katalysator ist eine Substanz, die die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion erhöht, indem sie die Energiebarriere für den Reaktionsprozess verringert, ohne selbst verbraucht zu werden.
Die Geschwindigkeitsgleichung ist eine mathematische Darstellung der Abhängigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von den Konzentrationen der Reaktanten. Sie ist von zentraler Bedeutung in der chemischen Kinetik.
Die Konzentration von Reaktanten kann durch verschiedene Methoden gemessen werden. Dazu gehören volumetrische, gravimetrische, spektrophotometrische und chromatographische Methoden.
Die spektrophotometrische Messung ist eine Methode, bei der die Intensität des Lichts vor und nach der Durchdringung einer Lösung gemessen wird. Sie wird häufig verwendet, um die Konzentration von Reaktanten in einer Lösung zu bestimmen.
Die Halbwertszeit ist die Zeit, die benötigt wird, damit die Konzentration eines Reaktanten auf die Hälfte seines ursprünglichen Wertes abfällt.
Eine Folgereaktion besteht aus zwei oder mehr Einzelreaktionen, die in einer bestimmten Reihenfolge ablaufen. Die Geschwindigkeit der Gesamtreaktion wird durch die langsamste Einzelreaktion bestimmt.