In einem anderen Kapitel wurde der Aufbau von Atomkernen erläutert, wobei auch auf die sog. Kernkräfte eingegangen wurde, die die positiv geladenen Protonen und die ungeladenen Neutronen im Atomkern zusammenhalten. Nun soll auf die Frage eingegangen werden, ob es nicht möglich ist, diese Bindungsenergie irgendwie abzuschätzen. Dies soll nun kurz erläutert werden
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, lässt sich berechnen, wie stark die Kernteilchen (Nukleonen und Protonen) im Kern zusammengehalten werden. Dies lässt sich am einfachsten an einem Heliumatom berechnen. Dazu betrachtet man die Masse eines Heliumatoms und die Masse aus zwei Protonen und zwei Neutronen, aus der ein Heliumkern besteht:
Die Masse eines Heliumkerns beträgt aber “nur” 6,6448 · 10^-27 kg, was um ca. 0,0504 · 10^-27 kg geringer ist, als die Summe von zwei Protonen und zwei Neutronen. Bei der “Bindung” der Protonen und Neutronen in einem Heliumkern ist also ein kleiner Teil der Masse “verloren” gegangen. Dieser Massenverlust wird auch in der Literatur als Massendefekt bezeichnet und entsteht dadurch, dass bei der Bildung des Heliumkerns aus Protonen und Neutronen ein kleiner Teil der Masse in Energie umgewandelt wird. Diese Energie wird in Form von Gammaquanten (Lichtart) abgestrahlt. Dieser Massenverlust ist verantwortlich für das Zusammenhalten der Kernteilchen im Atomkern.
Wie man in obiger Rechnung erkennt, ist die Masse des Kerns kleiner ist, als die seiner Bestandteile. Die Massendifferenz lasst sich als Bindungsenergie betrachten. Diese Ansicht ist zulässig, da nach Albert Einsteins Relativitätstheorie E = m c² Masse und Energie gleichwertige Größen sind. Masse kann daher als Form von Energie betrachtet werden (aber nur in der atomaren Welt).
Beispiel:
Setzt man den oben berechneten Massenverlust von 0,504 · 10^-27 kg in die Formel E = m · c² (c ist ca. 300.000 km/s) ein, so erhält man als entsprechende Bindungsenergie einen Wert von ca. 4,5 · 10^-12 J.
Allgemein gilt:
Je größer der Massenverlust bei der Kernentstehung ist, desto besser werden die Kernteilchen aneinander gebunden bzw. je größer der Massendefekt pro Kernteilchen ist, desto stabiler ist der Atomkern, da mehr Energie zu seiner Zerlegung aufgewendet werden muss.