Das Verständnis über den Atomaufbau ist für die meisten MINT-Fächer von großer Bedeutung. Dies liegt daran, dass ein Atom der kleinste Baustein eines chemischen Stoffes oder Elements ist, der ohne Verlust seiner charakteristischen Eigenschaften nicht mehr geteilt werden kann. Atome können nur noch durch “physikalische Verfahren” geteilt werden. Wie im vorherigen Kapitel erwähnt, besteht der Atomkern aus Protonen und Neutronen. Aufgrund der gleichen Ladung der Protonen herrschen zwischen den Protonen im Kern elektrostatisch abstoßende Kräfte. Diese werden jedoch durch noch stärkere Wechselwirkungen mit Neutronen kompensiert (Kernkräfte). Ein stabiler Kern verfügt deshalb stets über ein bestimmtes Zahlenverhältnis von Protonen zu Neutronen. Stimmt dieses Zahlenverhältnis nicht, so wird der Kern instabil und das betreffende Atom zerfällt nach einer gewissen Zeit, was als Phänomen der Radioaktivität beobachtet wird. Wegen der vielen positiven Ladungen sind Atome, die mehr als 83 Protonen besitzen, immer radioaktiv.
Der (spontane) Kernzerfall (auch als Radioaktivität bekannt) ist nur einer von verschiedenen Arten von Kernumwandlungen in der Kernphysik. Weitere Kernumwandlungen neben dem Kernzerfall sind die Kernreaktion, die Kernspaltung und die Kernfusion (darüber hinaus gibt es noch weitere Arten von Kernumwandlungen). Unter einer Kernumwandlung versteht man dabei die Umwandlung von Atomkernen in andere Kerne, dabei lassen sich Kernumwandlungen noch in natürliche und künstliche Umwandlungen unterteilen.
Kernumwandlungen – Kernreaktion:
Die Kernreaktion verläuft über einen Beschuss eines Atomkerns mit Elementarteilchen, Deuteriumkernen oder auch mit Kernen schwerer Elemente, durch Zusammenstoß zweier Atome bzw. eines Atoms und einem Elementarteilchen wird mindestens ein Atom in ein anderes Nuklid umgewandelt. Bei der Kernreaktion handelt es sich daher um eine künstlich erzeugte Kernumwandlung, deshalb wird der Kernzerfall nicht zu den Kernreaktionen gezählt, da diese Art der Kernumwandlung spontan erfolgt, also nicht durch einen äußeren Zwang.
Kernumwandlungen – Kernspaltung:
Bei der Kernspaltung wird ein schwerer Atomkern mit einem Neutron beschossen, dabei wird der Atomkern in zwei oder mehrere Bestandteile zerlegt. Wie bereits in der Einleitung geschrieben, wirken im Atomkern im Wesentlichen zwei Kräfte. Zum einen die elektrische Abstoßung gleich geladener Teilchen und die zum anderen die gegenseitige Anziehung der Nukleonen durch die Kernkraft. Ein Atomkern ist dann stabil, wenn die anziehenden Kräfte die abstoßenden überwiegen. Durch zusätzliche Neutronen entsteht aus der Kombination dieser Kräfte ein instabiler Atomkern, der anschließend zerfällt. Vorstellen kann man sich die Kernreaktion folgendermaßen:
Durch den Beschuss eines Atomkerns mit einem Neutron gerät der Atomkern (ähnlich einem Wassertropfen) in Schwingungen und zerfällt in zwei meist ungleiche Bruchstücke (Massenverhältnis etwa 2:3). Darüber hinaus werden bei jeder einzelnen Spaltung zwei bis drei weitere Neutronen frei, die wiederum weitere Kernspaltungen auslösen können und so eine Kettenreaktion in Gang kommt. Die so entstehende Kettenreaktion ist eine Folge von Kernspaltungen, die immer dann zustande kommt, wenn bei einer durch ein Neutron hervorgerufenen Kernspaltung wieder ein oder mehrere Neutronen frei werden, die ihrerseits mindestens eine weitere Kernspaltung auslösen. Die Kernreaktion “startet” aber erst ab einer gewissen “kritischen Masse”, die kritische Masse ist dabei die Mindestmasse eines spaltbaren Materials, ab der die effektive Neutronenproduktion eine Kettenreaktion der Kernspaltung aufrechterhalten kann.
Kernumwandlungen – Kernfusion:
Bei der Kernfusion kommt es zu einer Verschmelzung leichter Atomkerne zu schwereren. Die Kernfusion ist eine exotherme Reaktion und findet nur bei sehr hohen Temperaturen (z.B. in der Sonne) und geeigneter Teilchendichte statt. Bei der Kernfusion wird (aufgrund des exothermen Prozesses) Energie frei, meist in Form von Wärme. Die Ursache für die Energiefreisetzung lässt sich mit dem Massendefekt erklären: Die Masse der Ausgangskerne ist größer als die Masse der entstehenden Kerne einschließlich der frei werdenden Neutronen. Daher tritt ein Massendefekt auf, der sich aufgrund der Beziehung zwischen Energie und Masse (Einstein) berechnen lässt.