Lösungsverfahren für Gleichungssysteme – Das Gaußverfahren

Das Lösen von Gleichungssystemen und Ungleichungssystem ist eines der wichtigsten Kapitel nicht nur in der Mathematik, sondern auch in den anderen Naturwissenschaften. Im Prinzip hat man immer zwei “mathematische Aussagen”, die zueinander in Relation gesetzt werden. Ziel ist immer eine Lösungsmenge zu bestimmen, für die die mathematische Aussage gilt (Gleichung allgemein).  Für das Lösen von Gleichungssystemen gibt es drei verschiedene Verfahren (je nach Anzahl an Variablen in der Gleichung wird ein Lösungsverfahren bevorzugt). Beim Bestimmen der Lösungsmenge einer Ungleichung wird ein ähnliches Lösungsverfahren verwendet, wie beim Lösen einer Gleichung. Allerdings mit einem großen Unterschied, so benötigt man für einige Ungleichungen Fallunterscheidungen. Meistverwendete Lösungsverfahren sind:

  • Äquivalenzumformung (für eine Variable, lineares Gleichungssystem),
  • Einsetzungsverfahren (für zwei Variablen, lineares Gleichungssystem),
  • Additionsverfahren (für zwei Variablen, lineares Gleichungssystem),
  • Gauß-Verfahren (für zwei und mehr Variablen, lineares Gleichungssystem) und
  • Quadratische Ergänzung (für eine Variable, quadratisches Gleichungssystem).

Das Gaußverfahren zur Lösung von linearen Gleichungssystemen mit zwei oder mehreren Variablen

Gauß-Verfahren (für zwei und mehr Variablen, lineares Gleichungssystem): Das Gauß-Verfahren besteht aus einer mehrfachen Wiederholung des Additionsverfahrens. Beim Additionsverfahren (auch Eliminationsverfahren genannt) wird durch Addition (bzw. Subtraktion) zweier Gleichungen eine Variable heraus gekürzt und kann so nach der anderen Variablen lösen.

  • Man entscheidet sich für eine Variable, die durch das Additionsverfahren herausgekürzt werden soll (es spielt keine Rolle, ob man sich für x oder y (oder wie die Variable heißt)). Dann bestimmt man jeweils das kleinste gemeinsame Vielfache der Faktoren vor der Variable x und vor der Variablen y und multipliziert jeweils die Gleichung, dass vor der Variable das kgV steht.
  • Man kann auch die erste Gleichung mit dem Faktor, der vor dem x der zweiten Gleichung steht, multiplizieren und die zweite Gleichung mit dem Faktor,  der vor dem x der ersten Gleichung steht, multiplizieren.
  • Falls die Faktoren vor der Variable (die gekürzt werden soll) dasselbe Vorzeichen haben, dann subtrahiert man die Gleichungen voneinander. Wenn die Faktoren unterschiedliche Vorzeichen haben, dann werden beide Gleichungen addiert.
  • Dadurch die Addition bzw. Subtraktion beider Gleichungen entsteht eine Gleichung mit nur noch einer Variablen. Diese Gleichung wird nun durch normale Äquivalenzumformungen nach der übriggebliebenen Variablen aufgelöst.
  • Der erhaltene Wert wird nun in eine der ursprünglichen Gleichungen für die jeweilige Variable eingesetzt, wodurch wieder eine Gleichung entsteht, die nur noch eine Variable, enthält. Diese Gleichung wird nun durch normale Äquivalenzumformungen aufgelöst.

Wiederholung: lineares Gleichungssystem mit zwei oder mehreren Variablen bedeutet, dass eine Gleichung mit zwei oder mehreren Unbekannten / Variablen (meist als “x” und “y” bezeichnet) vorliegt, die Variablen liegen dabei in der Gleichung mit “hoch 1” vor (kein x² oder x³).

Welchen Vorteil hat das Gaußverfahren bzw der Gauß-Algorithmus?

Der Algorithmus von Gauß ist das universelle Verfahren zur Lösung beliebiger linearer Gleichungssysteme. Mithilfe des Gaußverfahrens lässt sich auch relativ schnell sagen, wie viele Lösungen eine Gleichung hat. Ziel des Gaußverfahrens ist es, ein lineares Gleichungssystem in die sog. Stufenform zu bringen. Stufenform bedeutet, dass jede nachfolgende Gleichung eine Variable weniger hat, als die Gleichung davor.

Beispiel:
Gegeben sind drei Gleichungen (zum Lösen von 3 Variablen benötigt man mind. 2 Gleichungen) bzw. n-Gleichungen (zum Lösen von n-Variablen benötigt man n-Gleichungen).

Gleichung 1: 3x + 6y -3z = 6
Gleichung 2: -x + y + 2z = 9
Gleichung 3: 4x + 6y – 6z = -2

Damit nun das Gaußverfahren angewandt werden kann, muss zuerst aus Gleichung 2 und Gleichung 2 die Variable x eliminiert werden. Dazu wird ein geeignetes Vielfaches der Gleichung 1 zur Gleichung 2 bzw. zur Gleichung 3 addiert.

Gleichung 1: 3x + 6y -3z = 6
Gleichung 2: -x + y + 2z = 9     / neue Gleichung 2.1 => Gleichung 1 + 3·Gleichung 2
Gleichung 3: 2x + 3y – 3z = -1 / neue Gleichung 3.1 =>  2·Gleichung 1 + (-3)·Gleichung 3

Gleichung 1.0: 3x + 6y – 3z = 6
Gleichung 2.1:         9y + 3z = 33
Gleichung 3.1          3y + 3z = 15

Damit nun das Gaußverfahren angewandt werden kann, muss nun aus Gleichung 2 die Variable y eliminiert werden. Dazu ein geeignetes Vielfaches der Gleichung 2 zur Gleichung 3 addiert.

Gleichung 1.0: 3x + 6y – 3z = 6
Gleichung 2.1:         9y + 3z = 33
Gleichung 3.1          3y + 3z = 15  /neue Gleichung 3.2 => Gleichung 2.1 + (-3)·Gleichung 3.1

Gleichung 1.0: 3x + 6y – 3z = 6
Gleichung 2.1:         9y + 3z = 33
Gleichung 3.1                -6z = -12

Nun lässt sich bereits ermitteln, wie viele Lösungen es geben wird: Dazu betrachten man die nun gebildete Stufenform. Dabei sind folgende Möglichkeiten vorstellbar:

  • Bei dieser Lösungsmenge kann die Stufenform nicht gelöst werden und es gibt damit auch keine Lösung. Dies kann man daran erkennen, wenn die letzte Zeile der Stufenform ein Widerspruch ist, z.B 0 = 1
  • Es gibt genau eine Lösung,  für jede Variable genau eine Lösung. Dies kann man daran erkennen, wenn man wie oben in der letzten Zeile der Stufenform eine Gleichung in der Form “Variable = Wert” hat
  • Es gibt unendlich viele Lösungen. Dies ist möglich, wenn man eine Gleichung erhält, die in der letzten Zeile keine Variablen mehr enthält, aber auch nicht widersprüchlich ist: 0 = 0

Zurück zur obigen Stufenform:

Gleichung 1.0: 3x + 6y – 3z = 6
Gleichung 2.1:         9y + 3z = 33
Gleichung 3.1                -6z = -12

Mithilfe der Stufenform lässt sich schlussfolgern, dass es genau eine Lösung geben wird (letzte Zeile: Variable = Wert)

aus Gleichung 3.1 folgt:      z = 2
in Gleichung 2.1                 9y + 3z = 33      / z = 2 einsetzen
9y + 3·(2) = 33   / ausmultiplizieren
9y +6 = 33         / beide Seiten mit “-6” erweitern
9y = 27              / beide Seiten durch “3” teilen
y = 3

in Gleichung 1.0                 3x + 6y – 3z = 6      / z = 2 und y = 3 einsetzen
3x + 6·(3) -3·(2) = 6 / ausmultiplizieren
3x + 18 -6 = 6   / zusammenfassen
3x + 12 = 6      / beide Seiten mit “-12” erweitern
3x = – 6           / beide Seiten durch “3” teilen
x = – 2

Somit erhält man eine eindeutige Lösung:  x = -2, y = 3 und z = 2


Lösungsverfahren für Gleichungssysteme – Das Gaußverfahren – Testfragen/-aufgaben

1. Was versteht man unter dem Gaußschen Eliminationsverfahren?

Das Gaußsche Eliminationsverfahren ist eine Methode zur Lösung von linearen Gleichungssystemen. Dabei wird durch Umformen der Gleichungen versucht, das Gleichungssystem so zu vereinfachen, bis die Lösung direkt ablesbar ist.

2. Welche Schritte werden beim Gaußschen Eliminationsverfahren durchgeführt?

Im Allgemeinen gibt es drei Schritte beim Gaußschen Eliminationsverfahren: Vorwärtselimination, Rückwärtseinsetzen und ggf. Abtauschen von Gleichungen.

3. Was passiert in der Vorwärtselimination?

In der Vorwärtselimination werden die Gleichungen so umgeformt, dass in der erweiterten Koeffizientenmatrix unter der Hauptdiagonale nur noch Nullen stehen.

4. Was passiert im Rückwärtseinsetzen?

Beim Rückwärtseinsetzen werden die Lösungen der Gleichungen berechnet, beginnend mit der letzten Gleichung.

5. Welche Rolle spielt das Abtauschen von Gleichungen bei dem Gaußschen Eliminationsverfahren?

Abtauschen von Gleichungen wird durchgeführt, wenn auf der Hauptdiagonale während der Vorwärtselimination eine Null steht. In diesem Fall wird die betreffende Gleichung mit einer anderen getauscht.

6. Was ist eine erweiterte Koeffizientenmatrix?

Die erweiterte Koeffizientenmatrix ist eine Darstellung eines linearen Gleichungssystems in Matrixform, bei der die Koeffizienten der Gleichungen und die rechte Seite der Gleichungen in einer Matrix dargestellt werden.

7. Warum ist die Hauptdiagonale beim Gaußschen Eliminationsverfahren wichtig?

Die Hauptdiagonale bildet die Basis für das Eliminationsverfahren. Das Ziel der Vorwärtselimination ist es, unter der Hauptdiagonale ausschließlich Nullen zu erhalten.

8. Wozu dient das Gauß-Jordan-Verfahren?

Das Gauß-Jordan-Verfahren ist eine Erweiterung des Gaußschen Eliminationsverfahrens, bei dem die Matrix weiter vereinfacht wird, sodass die resultierende Matrix eine Einheitsmatrix ist.

9. Wie unterscheiden sich das Gaußsche Eliminationsverfahren und das Gauß-Jordan-Verfahren?

Beim Gauß-Jordan-Verfahren werden zusätzlich zu den Elementen unter der Hauptdiagonalen auch die Elemente oberhalb der Hauptdiagonalen zu Nullen gemacht.

10. Was ist das Ziel des Gaußschen Eliminationsverfahrens?

Das Ziel des Gaußschen Eliminationsverfahrens ist es, das Gleichungssystem zu einer Form zu bringen, in der die Lösungen direkt ablesbar oder leicht ermittelbar sind.

Autor: , Letzte Aktualisierung: 25. September 2024