Jedes naturwissenschaftliche Fach hat seine “eigene” Sprachweise. So sprechen wir in der Chemie manchmal salopp von unendlichen schnellen Reaktionen (z.B. Explosionsreaktionen) oder von unendlichen langsamen Reaktionen (also, Reaktionen die über einen Zeitraum von Wochen nicht sichtbar ablaufen). Den Begriff “unendlich” eine “objektive Bedeutung zu geben, ist also nicht nur eine Aufgabe der Mathematik, sondern auch in den anderen Naturwissenschaften. Denn sonst wird der Begriff “unendlich” auch immer ein subjektiver Begriff bleiben.
Jeder von uns benutzt den Begriff “unendlich”, sei es in der Schule, aber auch im Alltag. Dies macht es auch so schwierig, den Begriff “unendlich” zu definieren.Wie wir aus dem Kapitel “Zahlenmengen” kennen, gibt es eine “nie endende” (also unendliche) Anzahl an natürlichen Zahlen gibt. Wir können jede beliebige Zahl um eine Einheit “erhöhen”.Daher gibt es in diesem Sinne auch keine größte Zahl.
Und dennoch wird der Begriff “unendlich” immer wieder verwendet. 1 Kg Wasser enthält eine so große Anzahl an Wassermolekülen, dass wir (mit einem Wort) sagen, “unendlich” viele Wassermoleküle. Was aber machen wir, wenn wir von dem 1 Kg Wasser 100 g abziehen? Haben wir denn immer noch unendlich viele Wassermoleküle? Was ist das Ergebnis der Subtraktion “unendlich” minus “unendlich”? Auch wieder unendlich?
Bevor wir uns näher damit befassen, kurz zur mathematischen Schreibweise: Ist eine Variable oder ein Körper, der wir beschreiben, so unendlich, so kennzeichnen wir dies mit “∞” (bzw. “+∞” und “-∞”).
Warum es in der “Realität” keine “Unendlichkeit” gibt, lässt sich auch anhand der Geschichte aus der Antike von Achilles und der Schildkröte zeigen. Die Schildkröte bewegt sich viel langsamer, als ein menschlicher Läufer. Daher wurde der Schildkröte bei dem Wettrennen mit Achilles ein Vorsprung gegeben. Würden wir die Gesamtstrecke nicht als “Ganzes” sehen (und mit einer “Größe” beschreiben, z.B. 1.000 m), sondern als eine unendliche Anzahl von vielen kleinen Strecken (z.B. eine (Teil-)Strecke aus 1 mm), so würde das zu dem berühmten Paradoxon der Antike führen:
Beide “Läufer” (die Schildkröte und Achilles) starten zum gleichen Zeitpunkt, allerdings bei unterschiedlichen Positionen auf der Strecke. Nach einer gewissen Zeit hat Achilles die Position erreicht, an der die Schildkröte gestartet ist. Allerdings befindet sich zu diesem Zeitpunkt des Wettlaufs die Schildkröte nicht mehr an dieser Position, sondern ein Stück weiter. Nun dauert es wieder einen bestimmten Zeitraum, bis Achilles diesen Punkt erreicht hat, allerdings befindet sich die Schildkröte nicht mehr an diesem Ort, sondern hat wieder ein bestimmtes Stück der Strecke zurückgelegt. Diesen “Vorgang” könnte man nun unendlich weiterführen, mit dem Ergebnis, dass der menschliche Läufer die Schildkröte niemals einholen wird, egal wie lange die Strecke ist.
Daher sollte im Alltag, aber auch in der Mathematik (wie auch anderen Naturwissenschaften) der Begriff “unendlich” mit “Bedacht” gewählt werden. Der Begriff “unendlich” wird/sollte (korrekterweise) bei der Beschreibung von Grenzwerten bei Folgen und Reihen verwendet werden. Und hier gibt es spezielle Vorschriften, um den Begriff “unendlich” nicht zu einem subjektiven Begriff “abzuwerten”.