In diesem Kapitel befassen wir uns mit einer wichtigen funktionellen Gruppe in der Organischen Chemie, der sogenannten “Carbonylgruppe”. R2C=O. Diese funktionelle Gruppe findet sich bei den Alkanalen (Aldehyde) und den Alkanonen (Ketone). Da vor allem die Alkanone vielseitige Anwendung finden (beispielsweise bei Düften), spricht man manchmal bei der R2C=O von der sogenannten Ketogruppe.
Da die Carbonylgruppe R2C=O mit zwei verschiedenen Resten vorkommt, gibt es auch zwei Möglichkeiten, wie eine Carbonylgruppe prinzipiell aufgebaut sein kann. Zum einen kann mind. ein Rest “R” ein Wasserstoffatom sein, zum anderen können beide Reste beliebige Atome mit Ausnahme von Wasserstoff sein.
Nachfolgend sind zwei Beispiele der Carbonylgruppe abgebildet. Einmal als R2C=O (mit R = C) in Propanon, einem Alkanon (auch als Keton bezeichnet) und einmal als R2C=O (mit R = H und R = C) in Ethanal einem Alkanal (auch als Aldehyd) bezeichnet.
Wie wir an den beiden Beispielen sehen, solle die funktionelle Einheit R2C=O in der Organischen Chemie niemals als Ketogruppe bezeichnet werden, sondern immer als Carbonylgruppe. Diese funktionelle Einheit ist das charakteristische Merkmal von Alkanonen und Alkanalen.
Sollte man dennoch den Begriff “Ketogruppe” verwenden wollen, dann muss diese funktionelle Einheit korrekterweise mit R2C=O (mit R = (nur) Kohlenstoffatom) bezeichnet werden. Eine Aussage die Ketogruppe R2C=O (in dieser allgemeinen Schreibweise) wäre nicht korrekt, da diese Einheit R2C=O auch in Aldehyden vorkommt und eben ein Keton kein Aldehyd ist. Aus diesem Grund sollte (wenn man nicht den Begriff Carbonylgruppe verwenden will) man die Begriffe “Ketogruppe” mit R2C=O (mit R = C) und “Aldehydgruppe” mit RHC=O verwenden.
Warum aber heutzutage immer noch die Begriffe “Ketogruppe” bzw. “Aldehydgruppe” verwendet werden, liegt an einem wesentlichen Unterschied (chemischen Reaktionsverhalten) zwischen Alkanalen und Alkanonen. Auch, wenn die Carbonylgruppe im Wesentlichen ähnliche chemische und physikalische Eigenschaften zeigt, unterscheidet sie sich in Oxidationsreaktionen. Die Carbonyl- bzw. Ketogruppe in Alkanonen lässt sich im Gegensatz zu der Carbonylgruppe in Alkanalen nicht mehr (mit Oxidationsmitteln) oxidieren. Aus diesem Grund verwendet man heute manchmal noch den Begriff “Ketogruppe” als charakteristische (funktionelle) Einheit in Ketonen (Alkanonen).
Wie eingangs erwähnt, findet sich die funktionelle Gruppe (Carbonylgruppe) R2C=O in der Stoffklasse der Alkanale und der Alkanone. Daher handelt es sich bei diesem beiden Stoffklassen um chemisch ähnliche Stoffe. Die chemischen Eigenschaften der Alkanale und Alkanone werden durch die Carbonylgruppe bestimmt. Gemäß der Elektronegativitätsskala nach Pauling bildet in der Carbonylgruppe das Sauerstoffatom den elektronegativeren Bindungspartner. Daher werden auch die Bindungselektronen der C=O-Doppelbindung stärker an das Sauerstoffatom “gezogen”. Durch diesen “Abzug” von Elektronendichte am Kohlenstoffatom, bildet sich ein positiv polarisiertes Kohlenstoffatom. Daher reagieren Alkanone und Alkanale auch besonders gerne mit Nukleophilen, wobei es zu einer Additionsreaktion kommt.
Die Carbonylgruppe lässt sich aber auch mit geeigneten Reduktionsmittel reduzieren, wobei die entsprechenden Alkanole gebildet werden.Aus der Carbonylgruppe in Alkanonen R 2C=O bildet sich dabei ein sekundäres Alkanonl R2C-OH und aus der Carbonylgruppe in Alkanalen bilden sich durch die Reduktion primäre Alkanole RHC-OH
Im wesentlichen werden die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Alkanale und Alkanone durch die stark polarisierte C=O-Bindung “verursacht”. Durch die Bildung von Partialladungen sieden die Alkanale und Alkanone höher als die Alkane mit vergleichbarer Molekülmasse. Beide Stoffklassen sieden aber niedriger als die entsprechenden Alkanole (aufgrund der stark ausgeprägten Wasserstoffbrückenbindung in den Alkanolen)
Durch die Polarisierung der Carbonylgruppe können am positiv polarisierten Kohlenstoffatom eines Alkanons oder Alkanals nukleophile “Reagenzien” addieren. Es kommt hierbei zu nukleophilen Additionsreaktionen, beispielsweise zur Bildung von Halb- oder (Voll) Acetalen bzw. Halb- oder (Voll) Ketalen.
Aufgrund des unterschiedlichen Aufbaus der Carbonylgruppe in Alkanalen bzw. Alkanonen zeigt die Carbonylgruppe bzw. Ketogruppe im Alkanon (aufgrund des I-Effekts) eine geringere Reaktivität als vergleichbare Alkanale. Dies zeigt sich auch in der Oxidation von Alkanalen und Alkanolen. In der Regel kann (keine Verbrennungsreaktion) ein Alkanon nicht oxidiert werden. Daher kann (aufgrund dieser Eigenschaft) in der Regel ein Alkanon von einem Alkanal unterschieden werden (beispielsweise mit der Fehlingschen Lösung).
Die Carbonylgruppe bzw. Ketogruppe ist polarisiert, es bilden sich sogenannte Partialladungen aus, es handelt sich aber hierbei um keine echten Ladungen. Dies zeigt sich daran, dass Alkanone bzw. Alkanale (sofern sie nicht mit dem Lösungsmittel reagieren) elektrisch nicht leitfähig sind.