Zweit-Substitution an einem Benzol-Grundgrüst

Ein wichtiger Reaktionstyp ist die Zeitsubstitution an einem einfach substituierten Benzol. Dieses Kapitel setzt einiges an Grundwissen voraus (Stoffklasse der Aromatenelektrophile Substitution an Aromaten). Bei diesem Reaktionstypen kann die Reaktionsgeschwindigkeit (im Vergleich zum Benzol) vorhergesagt werden und außerdem die Position des zweiten Substituenten am Benzolring.

Zweitsubstitution am Benzolring – einfache Darstellung der Thematik

Wie bereits erwähnt, kann die Eintrittsstelle (am Benzolring) des neuen Substituenten aufgrund des bereits vorhandenen Substituenten vorhergesagt werden. Dazu werden die Substituenten in Substituenten 1. Ordnung und 2. Ordnung eingeteilt. Die Einteilung der Substituenten erfolgt aufgrund der Erhöhung der Elektronendichte (Substituent 1. Ordnung) bzw. Erniedrigung der Elektronendichte (Substituent 2. Ordnung) im Benzolring.
Substituenten 1. Ordnung dirigieren den zweiten Substituenten in ortho- und para-Stellung. Substituenten 2. Ordnung dirigieren den zweiten Substituenten in meta-Stellung. Zusätzlich erhöhen Substituenten 1. Ordnung die Reaktionsgeschwindigkeit (im Vergleich zu Benzol), sie wirken aktivierend. Substituenten 2. Ordnung senken die Reaktionsgeschwindigkeit, sie wirken desaktivierend.

Zweitsubstitution am Benzol
Auflistung der wichtigsten Substituenten:

 

Substituent Substituenteneffekt Orientierung
-OH -I und +M-Effekt ortho und para
-OR -I und +M-Effekt ortho und para
-NH2, -NHR, -NR2 -I und +M-Effekt ortho und para
-Alkylrest +I und +M-Effekt ortho und para
-Halogene (z:B. -Cl, -Br) -I und +M-Effekt ortho und para
-NO2 -I und -M-Effekt meta
-NR3+ -I-Effekt meta
-COX -I und -M-Effekt meta
-CN -I und -M-Effekt meta

 

Woher weiß ich, wie das Verhältnis ortho- und para-Produkt bei der Zweitsubstitution ist?

Prinzipiell kann man hierzu die Wahrscheinlichkeitsrechnung zu Rate ziehen. Die rein statistische Erwartung für ortho/para-Produkt beträgt ca. 67:33. Dies ist aber reine “Statisik”, in der Realität aber wird das Verhältnis ortho- oder para-Stellung durch viele Bedingungen beeinflusst,v.a. aber durch sterische Effekte, hierbei führen voluminöse Substituenten zu einer Erhöhung des para-Anteils.

Zweitsubstitution am Benzolring – genauere Darstellung

Substituenten am Benzolring beeinflussen den Benzolring, so dass bei einer elektrophilen aromatischen Zweitsubstitution der Substituent nach ortho/para oder meta-Stellung dirigieren. Um diese Substituenteneffekte zu verstehen, muss man sich die Übergangszustände bei der elektrophilen aromatischen Substitution genauer zu betrachten sowie die Ladungsverteilung bzw Ladungsverschiebung.
Bei einer elektrophilen Substitution an einem Benzolring gibt es drei Möglichkeiten, wie ein Zweitsubstituent an den Benzolring “dirigiert” wird: Ortho-, meta- und para-Stellung. Das Kriterium, ob der Substitut in ortho-, meta- oder para-Stellung eingeführt wird, ist die jeweilige energetische Zustand des Übergangszustandes (im Rahmen der SEK II gilt: Je mehr mesomere Grenzstrukturen ich zeichnen kann, umso (energetisch) günstiger ist dieser Übergangszustand). Bei diesem Übergangszustand handelt es sich um ein Carbenium-Ion. Aufgrund der Ladung des Carbenium-Ions ist dieses umso stabiler, je mehr die positive Ladung stabilisiert wird. Eine Verringerung der positiven Ladung kann durch Elektronendonatoren bewirkt werden. Hierbei sind
  • Substituenten mit einem positiven induktiven Effekt (+I-Effekt), die Elektronendichte zum Ring verschieben und/oder
  • Substituenten mit einem positiven Mesomerieeffekt (+M-Effekt), die ein freies Elektronenpaar dem Ring zur Verfügung stellen, möglich
Durch diese Effekte (Substituenten mit diesen Effekten werden auch als Substituenten 1. Ordnung bezeichnet, +M-Effekt ist höher als +I-Effekt, bzw. ein +M-Effekt überwiegt in der Regel einen -I-Effekt) beschleunigen Substituenten (mit +M/+I-Effekt) die Reaktionsgeschwindigkeit einer elektrophile Substitution im Vergleich zum Benzol.
Betrachtet man den Übergangszustand, so sind bei einer Zweitsubstitution in ortho-, meta oder para-Stellung immer drei mesomere Grenzstrukturen möglich (nachfolgend am Beispiel der Substitution in para-Stellung gezeigt):

Para-Substitution bei Benzol
Wie bereits bei der Erklärung über den Einfluss des (bereits am Benzolring vorhandenen) Substituenten auf die Reaktionsgeschwindigkeit, gilt auch hier, dass der energetisch günstigste Übergangszustand bevorzugt wird. Würde man nicht nur die mesomeren Grenzstrukturen für die para-Zweitsubstitution zeichnen, sondern für alle, so fällt auf dass es sowohl bei der ortho- als auch bei para-Substitution eine Grenzstruktur gibt, bei der sich die positive Ladung am C.Atom befindet, an dem der Erstsubstituent ist. Bei einer Substitution in meta-Stellung “existiert” eine solche Grenzstruktur nicht.
Liegt nun ein Erstsubstituent vor, der die Funktion eines Elektronendonators erfüllt (+I bzw. +M-Effekt), so wird die positive Ladung durch den Substituenteneffekt (elektronenschiebende Wirkung in den Benzolring) stabilisiert, wobei daher ortho- und para-Substitutionen begünstigt werden.

Autor: , Letzte Aktualisierung: 10. Januar 2023