Der “Massendefekt” ist prinzipiell ein Phänomen der Physik. Dennoch lassen sich am Massendefekt auch einige Gesetzmäßigkeiten für das Fach Chemie ableiten. Unter dem sogenannten Massendefekt versteht man eine “Massendifferenz” bei Atomkernen. Diese Massendifferenz “entsteht” durch den Unterschied zwischen der Summe der Massen aller Kernteilchen (=Nukleonen: Protonen und Neutronen) aus denen der Atomkern besteht und der gemessenen Masse des Atomkerns.
Im Rahmen der Allgemeinen Chemie lernen wir auch das sogenannte Massenerhaltungsgesetz. Dieses Gesetz besagt, dass in abgeschlossenen Reaktionsräumen die Masse an Ausgangsstoffe und Produkte immer gleich ist. Zum anderen beschäftigen wir uns in der Chemie auch mit der sogenannten Edelgaskonfiguration (oder auch Oktettregel), die uns begründet, warum einzelne Atome zu einer chemischen Verbindung”reagieren”.
Bevor wir uns mit tiefer mit dem Massendefekt beschäftigen, berechnen wir diesen einfach am Beispiel des Heliumatoms. Wie wir aus dem Periodensystem der Elemente ablesen können, hat ein Heliumatom zwei Protonen und zwei Neutronen im (Atom)kern. Berechnen wir nun den Massendefekt, der bei der Bildung eines Heliumkernes auftritt.
Die theoretische “Masse des Heliumkerns” ergibt sich aus zwei Protonenmassen und zwei Neutronenmassen:.
Theoretisch müsste die Masse eines Heliumkerns also bei 6,695 · 10-24g. Die gemessene Masse eines Heliumkernes können wir aus einer Formelsammlung ablesen (z.B. Wikipedia), diese beträgt 6,645 · 10-24g.
Aus der Differenzberechnung erhalten wir also, dass die Masse des Heliumkerns um etwa 0,05 · 10-24g kleiner ist, als die Summe der Massen der einzeln Nukleonen.
Allgemein lässt sich der Massendefekt eines Atomkerns aus der Summe der Gesamt-Protonenmasse (Ordnungszahl x Protonenmasse) und Gesamt-Neutronenmasse abzüglich der gemessenen Atomkernmasse. Die Massendifferenz des Atomkerns wird dabei als Massendefekt bezeichnet und entspricht (wie wir nachfolgend sehen werden) der (Kern)Bindungsenergie des Atomkerns.
Im Rahmen der Edelgaskonfiguration bzw. Bildung einer Elektronenpaarbindung in einer chemischen Verbindung haben wir gelernt, dass dadurch ein energetisch günstiger Zustand entsteht. Wenn sich zwei Elemente miteinander verbinden (beispielsweise zwei H-Atome zu dem Wasserstoffmolekül), so wird ebenfalls Bindungsenergie frei und die Verbindung (Wasserstoff) ist stabiler als die beiden Einzelatome. Genauso ist es beim Massendefekt auch, ein Heliumatom ist stabiler als zwei Protonen und zwei Neutronen (jeweils einzeln vorliegen). Wenn man Wasserstoff in Wasserstoffatome “zerlegen” will, benötigt man Energie, um die “Bindung” zu brechen. Beim Heliumatom ist es genauso der Fall, denn würde man den Heliumkern wieder in Protonen und Neutronen zerlegen, müsste eine Energie zugeführt werden, die der Bindungsenergie des Atomkerns entspricht. Daher kann man mit dem Massendefekt auch berechnen, wie stark (= (Kern)Bindungsenergie) die Kernteilchen in einem Atomkern zusammengehalten werden
Zum anderen hatten wir gelernt, dass bei jeder chemischen Reaktion auch der Massenerhaltungssatz gilt (Hinweis unten*). Auch der Massenerhaltungssatz bleibt uns trotz des Massendefekts erhalten, denn es gibt einen Zusammenhang zwischen “Masse” und “Energie”. Diesen Zusammenhang zwischen Masse und Energie leitete Albert Einstein mit seiner berühmten Gleichung her: E = m · c². Daher geht auch bei der “Bindung” von Protonen und Neutronen in einem Atomkern keine Masse verloren, sondern wird in “eine andere Form umgewandelt”.
*Hinweis
Bei einer “Bindung” von Kernteilchen zu einem Atomkern handelt es sich eigentlich nicht um eine chemische Reaktion, sondern um eine Kernreaktion. Im Rahmen der Allgemeinen Chemie werden hier in diesem Kapitel Vereinfachungen getroffen.
Der Massendefekt ist die Differenz zwischen der Summe der Massen der einzelnen Teilchen eines Atomkerns (Protonen und Neutronen) und seiner tatsächlichen Gesamtmasse. Diese Differenz entsteht, weil bei der Vereinigung der Teilchen zu einem Atomkern Energie freigesetzt (oder aufgenommen) wird, die sich gemäß der Einstein’schen Formel E=mc² in eine Massendifferenz umsetzt.
Der Massendefekt wird berechnet, indem man die Summe der Massen der einzelnen Nukleonen (Protonen und Neutronen) mit der tatsächlichen atomaren Masse vergleicht. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten ist der Massendefekt.
Der Massendefekt ist direkt mit Energie verbunden, da er durch die Freisetzung (oder Aufnahme) dieser beim Binden der Nukleonen entsteht. Dieses Phänomen kann mit der Einstein’schen Äquivalenz von Masse und Energie erklärt werden (E=mc²).
Der Massendefekt repräsentiert die Energie, die bei der Bildung eines Atomkerns freigesetzt oder aufgenommen wird.
Nein. Der Massendefekt kann sowohl positiv als auch negativ sein, je nachdem, ob bei der Bildung des Kerns Energie freigesetzt (dann ist der Massendefekt negativ) oder aufgenommen (dann ist der Massendefekt positiv) wird.
In der Nuklearphysik wird der Massendefekt verwendet, um die Bindungsenergie eines Atomkerns zu berechnen, die angibt, wie stabil ein Kern ist.
Die Bindungsenergie entspricht der Menge an Energie, die freigesetzt würde, wenn die einzelnen Nukleonen vollständig voneinander getrennt würden. Sie entspricht dem Massendefekt, der das Maß für die Stärke der Bindung zwischen den Nukleonen im Kern ist.
In Kernreaktionen → wie der Kernfusion und Kernspaltung → erfolgen Änderungen des Massendefekts, die auf Änderungen der Bindungsenergie zurückzuführen sind. Die bei diesen Reaktionen freigesetzte Energie entspricht genau der Änderung des Massendefekts.
Isotope eines Elements haben unterschiedliche Massendefekte, da sie unterschiedliche Anzahlen von Neutronen haben. Daher haben sie verschiedene Bindungsenergien und daher auch verschiedene Massendefekte.
In der Kernfusion werden leichte Kerne zu schweren Kernen fusioniert. Dabei wird in der Regel Energie freigesetzt, weil der Massendefekt des schweren Kerns geringer ist als die Summe der Massendefekte der leichten Kerne.